Eine Person hält ein Smartphone, auf dem eine Gesundheits-App als Symbol für Apps auf Rezept (DiGA) angezeigt wird.

Apps auf Rezept (DiGA): Ein Leitfaden 2025 für Ihren Anspruch gegenüber der Krankenkasse

Eine Person hält ein Smartphone, auf dem eine Gesundheits-App als Symbol für Apps auf Rezept (DiGA) angezeigt wird.
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), auch „Apps auf Rezept“ genannt, sind zertifizierte Medizinprodukte zur Therapieunterstützung.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient der fundierten allgemeinen Information und ersetzt keine persönliche medizinische oder rechtliche Beratung. Besprechen Sie Therapieentscheidungen stets mit Ihrem behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten. Alle hier dargestellten Informationen wurden sorgfältig aus offiziellen Quellen recherchiert, es wird jedoch keine Haftung für deren Vollständigkeit oder tagesaktuelle Richtigkeit übernommen.

Die Digitalisierung ist nicht länger Zukunftsmusik im deutschen Gesundheitswesen, sondern ein fester Bestandteil der Regelversorgung. Eines der wichtigsten Instrumente dieser Entwicklung sind die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), umgangssprachlich „Apps auf Rezept“. Doch hinter diesem einfachen Begriff verbirgt sich ein komplexes System mit klaren Regeln, Rechten und Möglichkeiten für Patienten.

Dieser Leitfaden geht in die Tiefe. Er liefert Ihnen das Expertenwissen, das Sie benötigen, um die Chancen von DiGAs zu verstehen, fundierte Gespräche mit Ihren Ärzten zu führen und Ihre Ansprüche gegenüber der Krankenkasse selbstbewusst geltend zu machen.

Das Fundament: Was eine DiGA per Definition ist – und was nicht

Eine DiGA ist nicht einfach eine App, die sich mit Gesundheit beschäftigt. Sie ist ein zertifiziertes Medizinprodukt der Risikoklasse I oder IIa (z.B. wie eine Brille oder ein Kontaktlinsenpflegemittel), dessen Rahmenbedingungen in der Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) und im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) klar definiert sind.

Die Kernmerkmale einer echten DiGA sind:

  • Der Hauptzweck ist medizinisch: Die App muss Patienten bei der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen unterstützen.
  • Die Hauptfunktion ist digital: Der medizinische Zweck wird im Wesentlichen durch die digitale Technologie der App erreicht.
  • Der Patient ist der Nutzer: Die Anwendung wird primär vom Patienten genutzt, kann aber auch eine Interaktion mit dem Leistungserbringer (Arzt, Therapeut) ermöglichen.

Eine reine Fitness-App, ein unverbindlicher Ernährungsratgeber oder eine organisatorische Praxis-App ist keine DiGA.

Die Qualitätskontrolle: Das BfArM und das entscheidende DiGA-Verzeichnis

Damit eine App von den Krankenkassen erstattet wird, muss sie einen strengen Prüfprozess beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bestehen. Diese Behörde prüft jeden Antragsteller auf Herz und Nieren bezüglich:

  1. Sicherheit und Funktionstauglichkeit: Die App muss technisch einwandfrei und sicher sein.
  2. Datenschutz und Datensicherheit: Es gelten die strengsten Standards der DSGVO. Die Datenverarbeitung muss in der EU stattfinden und das Sicherheitskonzept wird auditiert.
  3. Qualität und Nutzerfreundlichkeit: Die App muss für Laien verständlich und bedienbar sein.
  4. Nachweis des positiven Versorgungseffekts: Dies ist der wichtigste Punkt. Der Hersteller muss durch wissenschaftliche Studien belegen, dass die App entweder einen medizinischen Nutzen hat (z.B. Symptome lindert, Lebensqualität verbessert) oder eine patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserung bietet (z.B. die Koordination der Behandlung erleichtert).

Experten-Detail: Vorläufige vs. dauerhafte Listung Im offiziellen DiGA-Verzeichnis auf diga.bfarm.de finden Sie alle zugelassenen Apps. Achten Sie auf den Status:

  • Vorläufig aufgenommen: Die App hat alle Sicherheits- und Qualitätsprüfungen bestanden, die finale klinische Studie zum Nachweis des Nutzens läuft aber noch. Die App ist für 12 Monate zur Erprobung zugelassen.
  • Dauerhaft aufgenommen: Der Hersteller hat den positiven Versorgungseffekt mit den Studiendaten erfolgreich nachgewiesen.

Tiefer Einblick: Was leisten DiGAs in der Praxis wirklich?

Dies ist keine abstrakte Technologie. DiGAs greifen etablierte und wissenschaftlich anerkannte Therapiekonzepte auf und übersetzen sie in eine digitale Form.

  • Bei muskuloskelettalen Erkrankungen (z.B. Gonarthrose, Rückenschmerz):
    • Therapeutischer Ansatz: Oft multimodale Konzepte.
    • Funktion in der App: Die DiGA leitet Sie durch personalisierte physiotherapeutische Trainingspläne als Video-Übung. Sie erfasst per digitalem Schmerztagebuch Ihre Fortschritte und vermittelt wichtiges Wissen über den Umgang mit der Erkrankung (Patientenedukation), um Schmerz zu bewältigen und Fehlhaltungen zu korrigieren.
  • Bei psychischen Erkrankungen (z.B. Depression, Panikstörung, Insomnie):
    • Therapeutischer Ansatz: Meist basierend auf der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), dem Goldstandard in der Psychotherapie.
    • Funktion in der App: Sie lernen in interaktiven Modulen, negative Gedankenmuster zu erkennen und zu hinterfragen. Die App leitet Sie zu Verhaltensübungen an (z.B. schrittweise Konfrontation mit Ängsten, Etablierung einer Schlafhygiene bei Insomnie) und bietet Werkzeuge wie Stimmungs- oder Schlaftagebücher.
  • Bei Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus, Adipositas):
    • Therapeutischer Ansatz: Verbesserung der Therapietreue (Adhärenz) und des Selbstmanagements.
    • Funktion in der App: Hier geht es um die digitale Dokumentation von Blutzuckerwerten (teilweise via Bluetooth-Schnittstelle zum Messgerät), die Protokollierung von Mahlzeiten und Bewegung sowie um Erinnerungsfunktionen für die Medikamenteneinnahme. Dies erleichtert die Therapieübersicht für Patient und Arzt.

Ihr gutes Recht: So setzen Sie Ihren Anspruch Schritt für Schritt durch

Ihr Anspruch auf Versorgung mit einer DiGA ist in § 33a SGB V gesetzlich verankert. Die Krankenkassen sind zur Leistung verpflichtet, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Weg 1: Die ärztliche Verordnung – Der Standardweg

  1. Vorbereitung: Recherchieren Sie im BfArM-Verzeichnis, ob es für Ihre gesicherte Diagnose eine passende DiGA gibt.
  2. Arztgespräch: Sprechen Sie Ihren Arzt oder Therapeuten gezielt darauf an. Er prüft die Indikation und stellt bei medizinischer Notwendigkeit ein Kassenrezept (Muster 16) aus.
    • Experten-Tipp: Sollte Ihr Arzt mit DiGAs noch nicht vertraut sein, bleiben Sie freundlich, aber bestimmt. Weisen Sie ihn auf das offizielle Verzeichnis des BfArM oder die Fachinformationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hin. Sie als Patient sind oft der Impulsgeber.
  3. Einreichung: Reichen Sie das Rezept bei Ihrer Krankenkasse ein, um den Freischaltcode zu erhalten.

Weg 2: Der Direktantrag bei der Krankenkasse – Ihr Recht als Patient

Sie sind nicht vom Arzt abhängig. § 33a SGB V gibt Ihnen ein direktes Antragsrecht.

  1. Voraussetzung: Sie müssen Ihrer Krankenkasse die medizinische Indikation nachweisen.
  2. Nachweis: Ein aktueller Arztbrief, ein Befundbericht oder ein anderer Beleg, der Ihre Diagnose bestätigt, ist hierfür ausreichend. Ein formloses Anschreiben genügt.
  3. Fristen beachten: Die Fristen für die Krankenkasse sind klar geregelt und hängen von der Art des Antrags ab. Reichen Sie ein ärztliches Rezept ein, muss die Kasse Ihnen i.d.R. den Zugangscode unverzüglich bereitstellen. Stellen Sie hingegen einen Direktantrag, muss die Kasse i.d.R. innerhalb von drei Wochen entscheiden. Nur wenn der Medizinische Dienst (MD) eingeschaltet wird, verlängert sich die Frist i.d.R. auf fünf Wochen. Hält die Kasse die Frist nicht ein, gilt der Antrag als genehmigt.
  4. Bei Ablehnung: Lehnt die Kasse ab, muss sie dies schriftlich begründen. Gegen diesen Bescheid können und sollten Sie Widerspruch einlegen, wenn Sie die Voraussetzungen als erfüllt ansehen.

Wichtige Detailfragen für informierte Patienten

  • Datenschutz konkret: Die DiGAV schreibt vor, dass die Datenverarbeitung grundsätzlich in Deutschland oder einem Land mit äquivalentem Schutzniveau (innerhalb der EU) stattfinden muss. Das BfArM prüft das Datensicherheitskonzept jeder einzelnen App.
  • Interaktion mit dem Arzt: Viele DiGAs bieten eine Schnittstelle für den Behandler (ein „Ärzte-Cockpit“ oder „Dashboard“). Mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung können Sie Ihrem Arzt erlauben, Ihre Fortschrittsdaten (z.B. aus dem Schmerztagebuch) einzusehen. So wird die App zu einer echten Brücke zwischen den Praxisterminen.
  • Nutzungsdauer und Folgeverordnung: Eine Erstverordnung gilt meist für 90 Tage. Reicht dieser Zeitraum nicht aus und ist eine weitere Nutzung medizinisch sinnvoll, kann Ihr Arzt problemlos eine Folgeverordnung ausstellen.

Fazit: DiGAs als Werkzeug für das Patienten-Empowerment

Apps auf Rezept sind keine technische Spielerei, sondern ein ernstzunehmendes, qualitätsgesichertes Werkzeug zur Unterstützung Ihrer Therapie. Sie wurden geschaffen, um Versorgungslücken zu schließen, das Selbstmanagement von Patienten zu stärken und moderne Behandlungsmethoden in den Alltag zu integrieren.

Mit dem Wissen aus diesem Leitfaden sind Sie bestens gerüstet. Verstehen Sie sich als informierten Partner Ihrer Ärzte und Therapeuten. Prüfen Sie Ihre Möglichkeiten, stellen Sie die richtigen Fragen und nehmen Sie Ihr Recht auf eine moderne Gesundheitsversorgung aktiv wahr.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient rein informativen Zwecken und wurde mit Sorgfalt recherchiert, erhebt jedoch keinen Anspruch auf tagesaktuelle Richtigkeit oder Vollständigkeit. Er ersetzt keinesfalls die persönliche Beratung durch einen Arzt, Therapeuten oder Rechtsanwalt. Besprechen Sie alle Therapieentscheidungen und Vorgehensweisen direkt mit Ihrem qualifizierten Behandler.


Quellenangabe

  • Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)
  • § 33a SGB V (Anspruch auf DiGA)
  • § 139e SGB V (DiGA-Verzeichnis)
  • Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV)
  • Patientenrechtegesetz (Gesetz zur Stärkung von Patientenrechten)
  • Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zu DiGA
  • DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel (BfArM)
  • Bundesbeauftragter für den Datenschutz (BfDI)
  • Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zu DiGA
  • Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)
  • Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund
  • Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)

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